Blick in den Spiegel
von Michael Brems
Die zerbrochene Spiegelkachel ist für mich ein Symbol für meine Erfahrungen in der Krankenhausseelsorge, besonders bei meiner früheren Arbeit mit Querschnittgelähmten. Etwas ist unwiederbringlich zerbrochen: ein Wirbelkörper, Träume, Hoffnungen. Das eigene Leben ist erschüttert. Und auch das Leben derer, die den Patient*innen nahe sind: Eltern, Ehefrauen, Freunde.
Im Gespräch an Krankenhaus-Betten, auf Intensivstationen oder in einer Ecke auf dem Flur habe ich das immer wieder erlebt: Eine heftige Diagnose grätscht in den Alltag, und von jetzt auf gleich ist alles anders. Statt Zukunft und Hoffnung sind da zunächst nur Leere, Schmerz, Sprachlosigkeit und Abgrund!
Der Himmel, auch als religiöser Ort der Sehnsucht, kann sich, wenn überhaupt, nur noch gebrochen widerspiegeln: im Leben – genauso wie in dem Spiegel im Gras.
… Und – nach einer Zeit des Schweigens, mit ein klein wenig Abstand und allem Ernst: Noch immer kann ich zwischen den Rissen das Blau sehen und das Gänseblümchen. Versehrt. Aber da.
Foto: Michael Brems
Michael Brems arbeitet inzwischen als Pastor in der Koordinierungsstelle der Krankenhausseelsorge im Hauptbereich Seelsorge und gesellschaftlicher Dialog der Nordkirche. Seine Kontaktdaten finden Sie unter "Wir über uns".
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